Wie wird der Zahlungs­verkehrssektor durch PSD2 beeinflusst?

14.06.19

Was ist PSD2 und wie wird die Zahlungsverkehrsbranche dadurch beeinflusst?

Welche Auswirkungen hat PSD2 auf Unternehmen und Verbraucher und wie wird die EU-Richtlinie Zahlungsdienste revolutionieren?

Ein Markt, ein gemeinschaftlicher Ansatz

Unser heutiger Lebensstil ändert sich durch technologische Innovationen fortwährend und wir haben auf Produkte und Dienstleistungen aus anderen Ländern so einfachen Zugriff wie noch nie zuvor. Trotz der vielfältigen Auswahl nehmen wir internationale Angebote selten in Anspruch, da wir uns häufig lieber auf das hiesige Angebot verlassen. Dies zeigt sich insbesondere, wenn man die Finanzdienstleistungsangebote in ganz Europa betrachtet. Nur 3% der europäischen Verbraucher haben Bankprodukte aus einem anderen EU-Land erworben, obwohl die Kosten für Finanzprodukte in den einzelnen Ländern für Kunden vorteilhafter sind.

Einer Umfrage der Europäischen Kommission zufolge zeigten 80% der Teilnehmer ein mangelndes Interesse Finanzprodukte aus anderen EU-Ländern zu erwerben, da sie diese Dienstleistungen in ihrem Heimatland ebenfalls kaufen können und dies auch häufig bevorzugen.

Das Fehlen eines einheitlichen europäischen Finanzmarktes ist unter anderem auch auf unterschiedliche Prozesse, wie etwa dem digitalen Kontoabschluss-Prozess und unzureichend harmonisierten Vorschriften, wie beispielsweise dem Fehlen eines europäischen Einlagensicherfonds zurückzuführen. Mit der Einführung einer überarbeiteten europaweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) will die EU nun grenzüberschreitende Bank- und Finanzdienstleistungen für Unternehmen und Verbraucher erleichtern. Ziel ist es, die regulatorischen und sicherheitspolitischen Hürden zu überwinden und einen einheitlichen Markt für Zahlungsdienste zu schaffen.

Was ist PSD2 und wie sind Zahlungsdienste davon betroffen?

Die PSD2, im deutschen das Zahlungsdienstaufsichtsgesetz, ist eine wichtige Regulierungsinitiative der Europäischen Union mit dem vorrangigen Ziel, einen einheitlichen und integrierten Markt für Zahlungsdienste zu schaffen. Vorschriften für Banken und Zahlungsdienstleister in der EU und im größeren Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sollen somit vereinheitlicht werden. Die PSD2 bietet mehr Transparenz und gewährleistet einen fairen Wettbewerb, vor allem indem die Markteintrittsbarrieren für neue Zahlungsdienstleister abgebaut und Innovationen gefördert werden. Mit einheitlichen Wettbewerbsbedingungen für Banken, aufstrebenden Fintech-Instituten und anderen Dritten, schärft sie außerdem den Wettbewerb. Gleichzeitig stärkt sie dabei den Schutz für Verbraucher und sorgt für mehr Sicherheit im Bereich des Online-Zahlungsverkehrs. Dies verpflichtet Banken dazu, Drittanbietern über offene Schnittstellen, den sogenannten APIs (Application Program Interface), Zugriff auf die Konten ihrer Kunden zu gewähren. Die Banken können ihren Kunden somit Dienstleistungen anbieten, die auf den streng kontrollierten Datenströmen und der internen Infrastruktur aufbauen.

Die PSD2 wurde entwickelt, um die derzeit angebotenen Online-Finanzdienstleistungen zu verbessern und diese zu erweitern. Dafür wurden zwei neue Arten von Akteuren in der Finanzlandschaft etabliert: Kontoinformationsdienste und Zahlungsauslösedienste, die zur Gruppe der Drittanbieter (Third-Party Providers, TPPs) gehören. Kontoinformationsdienste (AISP) sind lizenzierte Dienstleister, die nach Erlaubnis des Kunden Zugriff auf Zahlungskontoinformationen bekommen. Sie ermöglichen dem Verbraucher ihre Finanzen zu verwalten, ihr Ausgabeverhalten zu analysieren oder ihre Kontoinformationen von mehreren Banken als Übersicht zusammenzufassen. Diese Möglichkeit ist revolutionär, denn sie bekämpft das bisherige Monopol was traditionelle Banken innehielten - nämlich die alleinige Verfügung über die Kontoinformationen ihrer Kunden. Zahlungsauslösedienste (PISP) hingegen sind Dienstleister, die Zahlungen im Auftrag der Kunden veranlassen - beispielsweise für die Zahlung von Rechnungen oder für Peer-to-Peer-Überweisungen (P2P).

Somit können mithilfe der PSD2 Einzelhändler die Kontrolle über ihre Transaktionen zurückgewinnen. Es ermöglicht ihnen Zahlungen direkt vom Kundenbankkonto zu beziehen und dadurch anwerbende Banken- und Kartenschemata aus dem Zahlungsvorgang in Zukunft außen vorzulassen. Das Modell der Zahlungsauslösedienste bietet Händlern noch weitere Vorteile, einschließlich der Beseitigung des Liquiditätsrisikos bei Transaktionen und das Potenzial einer schnelleren Zahlungsabwicklung. Es wurde sogar geschätzt, dass bis 2020 9% der Einnahmen der Bank aus dem Privatkundengeschäft an Zahlungsauslösedienste übergehen werden, was 25% der gesamten Einnahmen des europäischen Privatkundengeschäfts aus 2015 entspricht.

Die europäischen Vorschriften der starken Kundenauthentifizierung (SCA) reduzieren Betrug und erhöhen die Sicherheit von Online-Zahlungen durch zusätzlich integrierte Authentifizierungs-anforderungen während des Checkout-Vorgangs des Kunden. Bevor ein vom Kunden initiierter Kauf abgeschlossen werden kann, wie auch bei jedem Login, muss dieser eindeutig erkannt werden, indem er mindestens zwei von drei Elementen erfüllt:

  1. etwas, was der Kunde weiß (Freigabe bspw. über die Eingabe eines Passwortes oder PINs)
  2. etwas, was der Kunde hat (Freigabe über das eigene mobile Gerät oder über Hardware-Token)
  3. etwas, was der Kunde ist (Freigabe z.B. via Fingerabdruck oder Gesichtserkennung)
     

Nach dem 14. September 2019 lehnen Banken SCA-Zahlungen ab, wenn sie diese Kriterien nicht erfüllen.

Verstärkter Wettbewerb bringt größere Vorteile für Verbraucher

Durch diese Veränderung der Wettbewerbsbedingungen treten Banken nun nicht mehr nur gegen andere Banken an, sondern gegen alle, die Finanzdienstleistungen anbieten. Technologieanbieter, die Zahlungen vereinfachen, haben jetzt direkten Zugriff auf die Konten der Bankkunden. Dies kann die Interaktion zwischen einer Bank und ihren Kunden insgesamt beeinträchtigen, wenn sie nicht in der Lage sind, gleichermaßen attraktive Lösungen zu entwickeln, um die sich stetig verändernden Kundenerwartungen zu erfüllen. Dies wird das Bankwesen vor allem dynamischer und innovations-orientierter gestalten und das Angebot von Finanzdiensten ermöglichen, die für jede Lebensphase eines Kunden relevant sind.

Da Kunden einen zunehmend digitalen und mobilen Lebensstil führen, müssen sowohl Banken als auch Nichtbanken sicherstellen, dass sie sich den verändernden Erwartungen ihrer Kunden anpassen. Für die Zukunft bedeutet das, dass Finanzdienstleistungen schneller, personalisierter, transparenter und günstiger werden müssen. Dies wird sich auf die Finanzlandschaft im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auswirken und die Wertschöpfungskette des Zahlungsverkehrs erheblich prägen. Ein positiver Nebeneffekt wird dabei sein, dass Dienste der Finanzindustrie verbessert werden können und Platz für Innovation geschaffen wird.  

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