Privacy Coins: Top-Threat?

06.04.22

Privacy Coins: Top-Threat?

Einige Kryptos können mehr als andere: Privacy Coins ermöglichen anonyme digitale Zahlungen – und haben einen etwas dubiosen Ruf. Wir klären auf: Über die Vorteile und Nachteile der Datenschutz-Coins und die Sache mit der Geldwäsche.

Der Schutz der Privatsphäre ist ein hohes Gut – auch in Sachen Finanzen. Krypto-Fans werben nicht nur mit der Dezentralisierung und einem alternativen Geldsystem zu staatlich kontrollierten nationalen Währungen, sondern auch mit der Zahlungsanonymität von Kryptowährungen. Dabei sind Bitcoin und Co. alles andere als anonym, schreibt Rechtsanwalt Robin Nocon auf Anwalt.de: „Ein elementarer Anspruch an Kryptowährungen war schon immer auch die Transparenz. Und Transparenz und Anonymität gehen bekanntlich nicht gerade Hand in Hand.“ In einem aktuellen Report des Blockchain Observatory & Forum der EU mit dem Titel „Legal and Regulatory Framework of Blockchains and Smart Contracts“ weisen die Autoren darauf hin, dass „anonyme Transaktionen in der Praxis derzeit nicht weit verbreitet sind: Bitcoin und Ethereum, die beliebtesten Plattformen, unterstützen keine Anonymität.“

An dieser Stelle kommen Privacy Coins ins Spiel: Sie sind ein Versuch, den Datenschutz von Bitcoins und anderen Kryptos zu verbessern. Die digitalen Datenschutz-Münzen verbergen die gehandelten Beträge und die an der Transaktion beteiligten Wallet-Adressen. Doch was ist dran an Privacy Coins? Welche Vorteile und Nachteile sie bieten und warum Länder wie Indien sie (vielleicht) verbieten, steht in unserem Privacy-Coin-FAQ:

Wie funktionieren Privacy Coins?

Datenschutz-Coins sind auch Digitalwährungen (wie zum Beispiel Bitcoin) und basieren ebenfalls auf der Blockchain-Technologie. Der entscheidende Unterschied ist, dass sie vollständige Anonymität bei Geldbewegungen gewähren. Um „Transaktionen mit Tarnkappe“ zu ermöglichen, kommen bei Privacy Coins unter anderem Technologien wie das Mischen von Münzen (CoinJoin) und vertrauliche Transaktionen zum Einsatz. Per CoinJoin-Methode lassen sich multiple Transaktionen miteinander mischen und zu einer einzigen zu verschmelzen. So können IT-Forensiker:innen in der Blockchain nicht den tatsächlichen Absender und den tatsächlichen Empfänger einer bestimmten Transaktion ermitteln. Bei den sogenannten „confidential transactions“ wird eine Verschlüsselung verwendet, so dass die öffentliche Blockchain nicht die Menge der in einer Transaktion gesendeten oder empfangenen Münzen anzeigt.

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Welche Privacy Coins gibt es?

Die erste Privacy Coin auf dem Markt war Dash: Seit Einführung im Jahr 2014 gibt Dash Nutzer:innen die Möglichkeit, jede Transaktion privat zu machen – oder nicht. Die Technologie der Blockchain-basierten Kryptowährung verwendet das Prinzip der Münzmischung (s.o.), um Informationen über die Sender- und Empfängeradressen zu verschleiern. Dash basiert zwar auf Bitcoin, verwendet jedoch den X11-Algorithmus, eine Modifikation von Proof-of-Work. Einige Monate nach Dash wurde ein neuer Privacy Coin namens Monero (XMR) auf den Markt gebracht. Im Gegensatz zu Dash ist hier jede Transaktion privat. Monero verwendet zur Verschleierung sogenannte Ringsignaturen (Ring-CT). 2016 kam die „selektiv transparente“ Coin Zcash auf den Markt und im Jahr 2018 zum Beispiel die MimbleWimble-Baselayer-Coins Beam und Grin. „Heute gibt es auf dem Kryptomarkt so viele Coins, die sich auf den Schutz der Privatsphäre konzentrieren, dass es schwierig wird, die (…) geeigneten auszuwählen“, sagt Krypto-Experte Werner Vermaak auf Coinmarketcap.com. Wer sich an der Marktkapitalisierung orientieren will: Auf den vorderen Plätzen liegt laut Coinmarketcap.com (Stand 1.3. 2022) Monero mit einer Market Cap von 2.888.914.539 Euro, gefolgt von ZCash und Oasis Network.

Welche Vorteile bieten Privacy Coins?

Neben der Anonymität bieten Kryptowährungen wie Monero, Dash und Zcash gegenüber Bitcoin ein weiteres Plus: Fungibilität. Klingt sperrig, lässt sich einfach erklären. Währungen wie der US-Dollar oder Euro – auch Fiat-Währungen genannt – sind alle fungibel. Das bedeutet, dass zwei 50-Euro-Scheine sich gegenseitig ersetzen. Bei Bitcoin ist das anders. Da Bitcoin-Transaktionen zurückverfolgt werden können, kann sich jemand weigern, Bitcoin anzunehmen, die in der Vergangenheit für illegale Deals verwendet wurden. Da Kryptotransaktionen zum Beispiel von Privacy Coins wie Dash nicht zurückverfolgt werden können, ist ihre Geschichte unbekannt. Das macht alle Dash-Münzen gleich und damit fungibel.

„Monero wird allmählich der etablierteste Privacy Coin für Darkweb-Transaktionen, gefolgt von Zcash und Dash. All diese Privacy Coins können bei strafrechtlichen Ermittlungen ein erhebliches Hindernis darstellen, (…).“

Europol, IOCTA 2020

Privacy Coins: zwielichtige Geschäfte?

Geld und Privatsphäre sind im Guten wie im Schlechten enge Kumpels. Was früher der Koffer voller Bargeld und das sogenannte Nummernkonto in der Schweiz war, ist heute die digitale Geldbörse mit Kryptowährungen, finden manche. Dementsprechend beliebt sind Privacy Coins für Steuerbetrug, Geldwäsche und Terrorfinanzierung.

Europol betitelt Privacy Coins im Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA) 2020 als eine der „Top-Gefahren“: „Monero wird allmählich der etablierteste Privacy Coin für Darkweb-Transaktionen, gefolgt von Zcash und Dash. All diese Privacy Coins können bei strafrechtlichen Ermittlungen ein erhebliches Hindernis darstellen, (…).“

Krypto-Börsen vs. Datenschutz-Coins: Handel eingestellt?

Privatsphären-Münzen geraten zunehmend ins Fadenkreuz der globalen Anti-Geldwäsche-Behörden und einige Krypto-Börsen haben aufgrund von regulatorischen Ungewissheiten den Handel mit Privacy Coins eingestellt. Monero und ZCash wurde sogar die zweifelhafte Ehre zuteil, im bereits zitierten Bericht der EU Erwähnung zu finden: (…) „Es lässt sich nicht leugnen, dass einige auf den Schutz der Privatsphäre ausgerichtete Blockchains, z. B. Monero oder ZCash, Kriminellen wirksame Werkzeuge für echte Anonymität bieten können.“ (Seite 14)

Indien: Verbot von Privacy Coins?

In Indien scheint man sich da nicht so sicher zu sein. Das Land, das zu den größten Volkswirtschaften der Welt zählt, sorgte 2021 für Panik auf den Krypto-Märkten: In einer Gesetzesvorlage war unter anderem von einem „Verbot aller privaten Kryptowährungen“ die Rede. Die Regierung hat in der Zwischenzeit jedoch die Pause-Taste gedrückt und entschieden, dass eine breitere Debatte – auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit – notwendig ist, bevor eine Entscheidung über die endgültige Ausgestaltung des Gesetzes getroffen wird. Es wird erwartet, dass Indien einen ähnlichen Ansatz wie Großbritannien und Singapur verfolgen wird. Dort gelten Kryptos zwar nicht als gesetzliches Zahlungsmittel, sondern als Asset und sind damit handelbar; die Börsen müssen aber die Finanzvorschriften des jeweiligen Landes einhalten.

AML-Bestimmungen in Deutschland

Die AML-Bestimmungen gelten auch für kryptobezogene Transaktionen. In diesem Sinne muss auch bei Verwendung von Privacy Coins Transparenz über die an einer Kryptotransaktion beteiligten Personen oder Organisationen gewährleistet sein. Wenn dies nicht gegeben ist, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass solche Transaktionen illegal sind und eine Person, die mit solchen Münzen handelt, das Risiko trägt, ihre Investition zu verlieren und ein Verbrechen oder eine Straftat zu begehen, die von der Strafverfolgung geahndet werden kann. Wir empfehlen daher, nicht in Privacy Coins zu investieren.

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