Mit Micropayments schwarze Zahlen schreiben

16.08.19

Mit Micropayments schwarze Zahlen schreiben

Micropayments sind eine alternative Einnahmequelle für Verlage – und lukrativ für Einzelpersonen. Wie du mit Mini-Beträgen zum Millionär werden kannst und was Mikrotransaktionen für die Krypto-Welt bedeuten.

Flug-Autos für alle! Coole Vorstellung, aber andere Dinge wären im digitalen Alltag dann doch nützlicher. Zum Beispiel: Cent-Beträge einfach im Netz ausgeben zu können, um besondere Inhalte lesen zu können. Texte im Internet sind zwar meistens kostenlos, nur verdienen die Verlage damit dann meist nicht genug Geld, um ihre Redaktionen zu finanzieren. Das bedeutet: Neben neuen Formaten müssen neue Bezahlmodelle her. Aber wie lassen sich Online-Inhalte finanzieren und rote Zahlen vermeiden? Eine Lösung heißt Paywall, zu deutsch Bezahlschranke. Nutzer müssen ein Abonnement abschließen oder für Inhalte bezahlen, bevor sie diese konsumieren können. Das funktioniert mehr schlecht als recht: Laut der amerikanischen Digitalagentur Digiday Media zahlen nur geschätzte fünf Prozent der digitalen Leserschaft eines Verlegers für ein volles Abonnement.

Micropayments: Älter als das Web

Eine Alternative, um auch Gelegenheitsnutzer für einzelne Texte oder Videos zur Kasse bitten zu können, sind Micropayments. Der Vorteil: Mit dem „Bezahlen auf kleinstmöglicher Basis“ können Unternehmen und Einzelpersonen digitale Waren oder Services zu Geld machen, ohne auf Werbeeinnahmen oder den Verkauf von persönlichen Daten als Umsatzquelle angewiesen zu sein. Die Idee von Micropayment ist dabei älter als das Web: Geprägt wurde der Begriff in den 1960er Jahren von dem Internet-Visionär Dr. Ted Nelson. Per Bildschirmtext (Btx) war es in Deutschland bereits in den 1980er Jahren möglich, nach einem Pay-per-View- oder Pay-per-Click-Modell Beträge abzurechnen.

402 Payment Required

„404 Page Not Found“. Der Fehler-Code, der erscheint, wenn eine Seite im Internet nicht gefunden wird, ist dir sicherlich schon untergekommen. Aber kennst du „402 Payment Required“? Wer da passen muss, ist in guter Gesellschaft. In den 1990er Jahren, als Tim Berners-Lee und sein Team die Infrastruktur des World Wide Web schufen, gehörte „402“ zur Liste der Fehler-Codes, die aufpoppen sollten, wenn etwas schiefläuft. Die Gründer des Web erwarteten damals, dass eine wie auch immer geartete Form des digitalen Bezahlens integraler Bestandteil des Internets sein würde – so wie Links, Webpages und Passwörter. Das ist bisher nicht passiert: Nach über drei Dekaden WWW ist die „402“ immer noch „reserviert für eine zukünftige Verwendung“.

Modell digitaler Klingelbeutel

Die britische Zeitung „The Guardian“ war eine der ersten Publikationen, die sich mit einem innovativen Ansatz beim Thema Micropayments nach vorne gewagt hatte. Der 2016 eingeführte digitale „Klingelbeutel“ fordert mit bunten Kästen und knackigen Botschaften („Help us deliver the journalism the world needs“) die Leser zur freiwilligen Spende auf. Der Bettel-Ansatz, um aufwendige investigative Recherchen zu finanzieren und Werbeeinnahmen zu ergänzen, ist in der Branche kritisiert worden – scheint aber zu funktionieren: Die Site erhält inzwischen mehr als 655.000 Euro an monatlichen Geldeingängen. Damit hat das britische Traditionsblatt seinen ersten operativen Gewinn in über einem Jahrzehnt erzielt.

WeChat: Rentabler Tipp-Button

Mini-Beträge per Smartphone bezahlen – in China ist das schon ganz normal. Platzhirsch im mobilen Bezahl-Business ist die Nachrichten-App WeChat des Techgiganten Tencent. Weixin, so der chinesische Name, hat rund 1,11 Milliarden Nutzer weltweit, die die App auch für Mikrozahlungen nutzen. Der „Tipp" -Button von WeChat Pay hat sich dabei sowohl für einzelne Autoren als auch für Zeitungen als rentabel erwiesen. Sechs der zehn wichtigsten öffentlichen WeChat-Konten werden von etablierten Medienhäusern betrieben. Geplant ist auch die Einführung einer „Pay-to-Read“ -Funktion, die einen bestimmten Artikelpreis festlegt, statt sich auf die Spendierlaune des jeweiligen Lesers zu verlassen.

Milliarden für In-App-Käufe

Während die Verlage noch experimentieren, ist die Game- Industrie schon weiter. Ist die Installation eines „Free to play“-Spiels auf dem PC, Tablet oder Handy noch kostenlos, wird anschließend kassiert: für eine schnellere Geschwindigkeit beim Zocken, höhere Level oder bessere Ausstattung der Avatare. Nach In-Game- oder In-App-Käufen kann dann auf spezielle Inhalte oder Merkmale zugegriffen werden. Poké-Münzen für „Pokémon Go“, Juwelen für „Clash Royale“, ein Garten-Deko-Paket für „Gardenscapes“: Zwei Milliarden Euro haben die Deutschen 2018 insgesamt für In-Game-Käufe ausgegeben. Nach Marktdaten des Industrieverbands Game und des Mobilegames-Dienstleisters App Annie waren dabei In-App-Käufe mit 1,5 Milliarden Euro der größte Umsatzbringer. Das ist ein Rekordwert und entspricht fast dem kompletten Umsatz auf dem deutschen Musik-Markt.

Vorsicht Kostenfalle!

Bei der Verbraucherzentrale hebt man unterdessen den Zeigefinger und warnt vor den wahren Kosten der Gratis-Spiele: „Oft sind es viele kleine Käufe, die sich am Ende zu einer großen Summe addieren können. Und wenn Zahlungsmethoden auf dem Smartphone hinterlegt sind, wird das Shopping besonders einfach.“ Abgewickelt werden die In-App-Käufe über den jeweiligen App-Store oder über Benutzerkonten. Kreditkarten-, Konto- oder Handynummern sind die Schlüssel für die Transaktion. Die Experten der Verbraucherzentrale raten, einen Passwortschutz zu aktivieren – sonst reiche für unbeabsichtigte In-App-Käufe ein Wisch mit dem Finger.

Mit Trinkgeld zum Millionär

Wer gern Computerspiele zockt, kennt (und liebt) Twitch: Die von Amazon betriebene Live-Streaming-Plattform, die hauptsächlich von Gamern genutzt wird, bietet den Entwicklern zwei Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Das erste ist ein Abo-Modell mit drei Abonnementebenen zwischen 4,99 und 24,99 US-Dollar, von denen der Streamer 50 Prozent erhält. Interessant wird’s beim „Cheering“: Twitch-Benutzer können „Bits“ kaufen, eine Währung, mit der Streamer Trinkgeld einsammeln. 100 dieser Bits kosten derzeit 1,40 US-Dollar. 20 bis 40 Prozent behält Twitch, der Rest geht an den Streamer. Nach der Devise „Kleinvieh macht auch Mist“, kommt dabei einiges zusammen: In nur einem Monat haben die drei besten Streamer von Twitch fast sieben Millionen US-Dollar allein durch das digitale Trinkgeld verdient.

Werbung schauen, Token kassieren

"Die reibungslose Abwicklung von Mikrotransaktionen gehört zu einem der vielversprechendsten Use Cases für die Blockchain-Technologie", schreibt BTC-ECHO. Die dahintersteckende Blockchain-Technologie bietet ein breitgefächertes Potenzial zur Verbesserung komplexer Vorgänge. Anbieter sind etwa der Brave Browser oder der Blockchain-Payment-Anbieter SatoshiPay. Das britische Start-up hat sich kürzlich mit der Axel Springer SE, Europas größtem digitalen Verlagshaus, zusammengetan. Mit Mozillas Open Source Browser Brave und dessen eingebauter Geldbörse, dem Brave Wallet, können Nutzer beispielsweise pro gelesenem Artikel bezahlen. Noch besser: Entscheidet man sich dafür, auf Seiten Werbung anzusehen, wandern direkt BAT (Basic Attention Token) in die virtuelle Geldbörse. Fürs Anschauen von Werbung bezahlt werden? Klingt fast so cool wie ein Flugauto…

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