Bitcoin & Co im Panikmodus: Das steckt hinter dem Krypto-Crash
Die Börsenweisheit „Sell in May and go away“ scheint sich wieder zu bewahrheiten, selten gab es einen so knallharten Absturz an den Märkten wie in diesem Monat. Insbesondere im Krypto-Sektor kommt „hodlen“ wieder in Mode, den digitalen Assets droht ein neuer Bärenmarkt. Und als wäre das nicht genug, geht eines der beliebtesten Projekte am Markt – die Terra-Blockchain – komplett in Flammen auf.
An den Finanzmärkten herrscht schiere Panik. Leitindizes wie der US-amerikanische S&P 500 brachen innerhalb kürzester Zeit zweistellig ein, der Index verzeichnete seit Jahresanfang einen Verlust von knapp 17 %. Viele Krypto-Anlegerinnen und -Anleger konnten über solche Zahlen jedoch nur schmunzeln. Denn im Blockchain-Bereich kam es zu einer regelrechten Kaskade an Abverkäufen, die bereits im Dezember vergangenen Jahres angefangen hatte und im Mai nun ihren traurigen Tiefpunkt erreichte. Die Leitwährung Bitcoin musste mit einem Minus von rund 40 % seit Jahresanfang ordentlich Federn lassen, bei Ethereum (-47 %) und weiteren Altcoins sah es nicht besser aus. Schwergewichte wie Terras Luna-Token krachten gar um spektakuläre 99,99 % runter. Innerhalb weniger Wochen verlor der Krypto-Markt so rund 500 Milliarden US-Dollar an Wert. Die Hoffnungen vieler Investorinnen und Investoren auf einen grünen Frühling hatten sich jäh in Luft aufgelöst, die Börsenweisheit „Sell in May and go away“ hatte sich wieder einmal bewahrheitet. Doch abseits aller Kalendersprüche: Was war an den Märkten wirklich passiert?

Inflation, Krieg und Corona sorgen für Panik am Markt
Ukraine-Krieg, Lieferketten-Probleme, knallharter Corona-Lockdown in China und eine Inflation, wie sie die Welt seit Jahrzehnten nicht erlebt hat – es ist wahrlich nicht schwer, Gründe für einen Zusammenbruch der Finanzmärkte zu finden. Ausschlaggebend für den neuerlichen Kursrutsch waren aber zweifelsohne die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank FED. Bisher konnten sich Player am Finanzmarkt billig Geld leihen, damit ist spätestens jetzt aber Schluss. Anfang Mai hatte die US-Institution zur Bekämpfung der Inflation ihren Leitzins um 0,5 Prozentpunkte erhöht – der stärkste Anstieg seit 22 Jahren.
Das Problem ist aber nicht nur der Zinsanstieg, sondern auch die Tatsache, dass die von der FED gewählten Mittel bislang nicht den erwünschten Erfolg versprechen. Die US-amerikanische Inflationsrate kühlte sich im April zwar von 8,5 % auf 8,3 % ab, lag damit aber noch immer über den Erwartungen der Spekulierenden – die Angst vor noch härteren Maßnahmen an den Finanzmärkten wächst.

Aktienmarkt läuft, Bitcoin folgt
Für die Krypto-Märkte ist dieses Signal aus mehreren Gründen fatal. Zum einen korrelieren Bitcoin & Co. seit Beginn der Corona-Krise immer stärker mit traditionellen Märkten. Das heißt: Bewegt sich etwa der Wert des S&P 500 nach unten oder oben, so folgt auch Bitcoin diesem Weg. Insbesondere zu Tech-Aktien stieg die Korrelation mit der beliebten Kryptowährung zuletzt auf ein Allzeithoch. So lag die Abhängigkeit zum Nasdaq-Index laut Branchenanalysten Arcane Research Anfang Mai bei einem Wert von 0,82. Zur Einordnung: Ein Wert von 1 signalisiert komplette Korrelation, ein Wert von 0 hingegen zeigt, dass die Entwicklung beider Anlageklassen nicht voneinander abhängt. Der Crash an den traditionellen Finanzmärkten schlägt daher auch umso höhere Wellen am Krypto-Markt.
Ein weiterer Grund für den Abverkauf: Bitcoin schaffte es in den vergangenen Monaten nicht, sich als Inflations-Schutz zu etablieren. Statt als Krisenwährung, betrachten Anlegerinnen und Anleger Bitcoin aufgrund seiner hohen Volatilität weiterhin als Risiko-Asset, was den derzeitigen Abverkauf eher beschleunigt statt verlangsamt.

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Terra: Stablecoin-Bank der Zukunft…
Zum Krypto-Crash trugen auch ganz hausgemachte Probleme bei. Das bei Anlegern und Entwicklern beliebte Terra-Netzwerk sorgte für einen regelrechten Skandal. Der Hintergrund: Innerhalb kürzester Zeit gelang es Terras Luna-Token sich in den Top Ten der beliebtesten Krypto-Assets zu etablieren. Zu seiner Höchstzeit – Anfang April – betrug Terras Marktkapitalisierung knapp 41 Milliarden US-Dollar. Die Blockchain schaffte es auch deshalb so schnell an die Spitze, weil die Krypto-Welt zunehmend auf sogenannte Stablecoins angewiesen ist. Das sind Kryptowährungen, die an einen stabilen Gegenwert gebunden sind – gängig ist etwa eine Bindung an den US-Dollar. Im Vergleich zu anderen Kryptowährungen sollen Stablecoins vor allem eins sein: Preisstabil. Die Token sind im besten Fall kaum volatil und – bis auf wenige Dezimalstellen – einen US-Dollar wert.
Mit seinem eigenen Dollar-Token namens UST erschuf Terra einen Stablecoin, der sich durch ein ausgeklügeltes System aus Algorithmen und Marktmechanismen selber reguliert und stabilisiert. Der Clou: UST ist an den hauseigenen Luna-Token gekoppelt. Grundsätzlich konnten und können Nutzerinnen und Nutzer Luna-Token verbrennen und so neue UST erschaffen oder aber umgekehrt UST verbrennen und so neue Luna-Token erzeugen. Stieg der Kurs von UST über 1,00 US-Dollar, wurden Luna-Token verbrannt und neue UST erzeugt, was den Kurs durch das erweiterte Token-Angebot wieder senkte und UST auf den Wert von 1,00 US-Dollar brachte. Umgekehrt konnten Nutzerinnen und Nutzer UST verbrennen und dadurch Luna-Token erzeugen, wenn der UST-Kurs unter einen US-Dollar fiel – so wurde die Angebotsmenge von UST reduziert und der Preis wieder auf einen US-Dollar korrigiert. Das ging so lange gut, bis Anfang Mai innerhalb kürzester Zeit Unmengen an UST den Markt fluteten.

…ging innerhalb weniger Tage in Flammen auf
Hartnäckig hält sich das Gerücht, es handle sich um einen koordinierten Angriff auf das Terra-Netzwerk. Ganz gleich, ob es eine beabsichtige Attacke war oder nicht, das Ergebnis war verheerend. Innerhalb weniger Stunden sank der UST-Kurs deutlich unter den Wert eines US-Dollars. Schnell wurden Milliarden an UST verbrannt, um die Angebotsmenge zu reduzieren und die Stabilität wiederherzustellen. Im Zuge dessen wurden jedoch auch Unmengen an Luna-Token erzeugt, die den Kurs stark nach unten zogen. War ein Luna-Token am 6. Mai noch rund 80 US-Dollar wert, brach der Kurs eine Woche später auf 0,00001 US-Dollar ein. Und als wäre das nicht genug, konnte sich auch der UST-Kurs nicht erholen, von Dollar-Stabilität kann hier keine Rede mehr sein. Wie es mit Luna und dem Terra-Stablecoin weitergeht, steht derzeit in den Sternen. Doch zeichnet sich immer mehr ab: Das Vertrauen der Community in das Terra-Ökosystem scheint dauerhaft verspielt zu sein.

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Droht ein neuer Bärenmarkt?
Der Kursrutsch am Krypto-Markt traf viele Anlegerinnen und Anleger hart. Doch auch wenn derzeit Weltuntergangsstimmung unter Bitcoin-Fans herrscht, bewegt sich der Crash nicht außerhalb der Norm. Historisch betrachtet hat Bitcoin immer wieder hohe Gewinne aber auch tiefrote Zahlen beschert. Im März 2020 verlor die Kryptowährung zu Beginn der Corona-Pandemie rund 50 % an Wert, im Mai 2021 waren es gar 53 %. Und trotz aller Prophezeiungen schaffte es der Krypto-Liebling, sich wieder nach oben zu kämpfen.
Tatsächlich haben Crashs auch ihre positive Seite. Mutige Anlegerinnen und Anleger können vergleichsweise günstige Positionen aufbauen, zudem werden die Fundamentaldaten der Branche verstärkt unter die Lupe genommen. Es kommt zu einer Neubewertung: Liquidität fließt dann vermehrt in Krypto-Projekte mit stabilem und vielversprechendem Geschäftsmodell. Unseriösen Protokollen mit wenigen Anwendungsfällen geht hingegen der Saft aus.
Derzeit steigt insbesondere die Sorge vor einem Krypto-Bärenmarkt – also einem kontinuierlichen Abschwung über einen längeren Zeitraum. Viele Spekulanten denken schmerzlich an 2017 und 2018 zurück, als der Krypto-Sektor über Monate hinweg nach unten gedrückt wurde. Zwei Gründe befeuern die derzeitige Bären-Stimmung: Die Notenbanken stehen weltweit vor der Herausforderung, die galoppierende Inflation in den Griff zu bekommen. So steht zu befürchten, dass die FED in den kommenden Zinsanhebungen deutlich aggressiver auftreten wird. Und als wäre das nicht genug Druck, will die FED ab Juni Anleihekäufe weiter reduzieren und Staatsanleihen auf den Markt werfen. Historisch betrachtet wirkte sich das negativ auf die Finanzmärkte aus – der Sommer dürfte daher noch einige Überraschungen für Investorinnen und Investoren bereithalten.

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