Rente in Deutschland: Was läuft (falsch)?
„denn eins ist sicher: Die Rente“. Seit Norbert Blüm 1986 in Bonn das legendäre CDU-Plakat enthüllte, hat sich viel verändert. Von Rentenreformen, was die gesetzliche Rentenversicherung leistet und wie Deutschland beim Renten-Ranking abschneidet.
Sorgen um die Rente? Wer mit „Ja“ antwortet, ist in Deutschland nicht allein. In Umfragen sorgt sich regelmäßig die Mehrheit der Befragten um die finanzielle Situation im Alter. Corona hat hier nochmal für Veränderungen gesorgt: Laut einer HDI-Studie vertraut inzwischen lediglich jeder Fünfte (22 Prozent) in Sachen Sicherheit der Altersvorsorge auf die gesetzliche Rente. Der Weg zum aktiven Handeln ist für die meisten trotzdem weit. Eine Untersuchung von WeltSparen kommt zu dem Ergebnis, dass 51 Prozent der Deutschen nicht privat fürs Alter vorsorgen.
Fakten statt Renten-Fiction: Wer sich gut informiert, kann besser entscheiden, ob die gesetzliche Rente zum Leben reicht – und gegebenenfalls frühzeitig privat vorsorgen.

Die wichtigsten Infos und Tipps zur gesetzlichen Rente
227 Milliarden Euro wurden 2019 als Renten ausgezahlt. Zuständig für die gesetzliche Rentenversicherung ist die Deutsche Rentenversicherung (DRV Bund), die aus 16 eigenständigen Trägern mit jeweils spezifischen Aufgabenbereichen besteht. Die Rentenkasse kann man sich wie einen großen Teich mit einem stetigen Zu- und Abfluss vorstellen: Auf der einen Seite fließen jeden Monat die Rentenbeiträge aller Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu. Diese Beiträge werden nicht zurückgelegt, sondern sofort wieder an die Rentner ausgezahlt. Das sogenannte Umlageverfahren wird in Deutschland auch bei den anderen Sozialversicherungen (gesetzliche Kranken-, Arbeitslosen- und Unfall- sowie Pflegeversicherung) angewendet.
Auch bei Krankheit oder Unfall springt die gesetzliche Rentenversicherung ein. Sie kümmert sich zum Beispiel mit Reha-Maßnahmen darum, Menschen wieder fit für den Beruf zu machen. Wer nach einem Unfall nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten kann, bekommt eine Erwerbsminderungsrente. Eine weitere Leistung der Rentenversicherung ist die Hinterbliebenenrente. Nach dem Verlust des Ehe- oder Lebenspartners oder der Eltern kann Anspruch auf eine Witwen- und Waisenrente bestehen. Auch an der Krankenversicherung der Rentner beteiligt sich die Rentenversicherung.

Wer zahlt in die Rentenversicherung ein?
Ob angestellt oder in Ausbildung, wer arbeitet, zahlt jeden Monat 18,6 Prozent vom Bruttolohn in die Rentenversicherung ein. Brutto bedeutet vor Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Arbeitnehmer teilen sich den Rentenversicherungsbeitrag mit dem Arbeitgeber 50:50.
Die gute Nachricht: Wer viel verdient, zahlt nur bis zu einer bestimmten Grenze Rentenbeiträge. Die schlechte Nachricht für Gutverdiener: Die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze ist 2021 gestiegen und liegt nun im Westen bei 7.100 Euro monatlich. Im Osten sind es seit Januar dieses Jahres 6.700 Euro/Monat.
Nicht nur die Beiträge der aktiv Versicherten finanzieren die Renten in Deutschland; ein Viertel der Einnahmen der Rentenversicherung stammt aus dem Bundeshaushalt. So zahlt der Staat beispielsweise für Eltern in Kindererziehungszeit bis zu 36 Monate Rentenbeiträge. Für Arbeitslose übernimmt die Arbeitsagentur den kompletten Betrag.

Gesetzliche Rentenversicherung auch für Selbständige?
Nicht alle, aber einige selbstständige Berufe sind gesetzlich pflichtversichert. Dazu zählen Handwerker, Künstler und Publizisten, Hebammen und freiberufliche Lehrer. „Alle anderen Selbstständigen können auf Antrag in der Rentenversicherung pflichtversichert werden“, heißt es auf der DRV-Website. Für versicherungspflichtige Selbstständige liegt der Regelbeitrag seit Januar 2021 bei monatlich 611,94 Euro. Existenzgründer können den halben Regelbeitrag entrichten. Wer freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann jeden Betrag zwischen dem Mindestbeitrag von monatlich 83,70 Euro und dem Höchstbeitrag von 1320,60 Euro wählen.

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Die Sache mit dem Versicherungskonto
Mit dem ersten versicherungspflichtigen Job gibt’s eine Sozialversicherungsnummer und die Deutsche Rentenversicherung führt ab diesem Zeitpunkt für jeden Versicherten ein Konto. Die gespeicherten Daten – dazu zählen nicht nur Zeiten in denen Beiträge gezahlt wurden, sondern auch Kindererziehungszeiten und Freiwilligendienste – sollte man genau im Blick haben. Daraus errechnet sich die Rente und eine genaue Prüfung, ob alles lückenlos gemeldet ist, ist dementsprechend wichtig.

Post von der Rentenversicherung
Den Status Quo des eigenen Versicherungskontos erfährt man einmal jährlich in den sogenannten Renteninformationen, die die Deutsche Rentenversicherung automatisch an alle Versicherten, die mindestens 27 Jahre alt sind und fünf Jahre Beitragszeiten erworben haben, verschickt.
Wer Fragen zur gesetzlichen Rentenversicherung hat, kann einen (Online)-Beratungstermin buchen oder die kostenlose DRV-Hotline 0800 1000 4800 anrufen.
Tipp: Wer sich den Check des jährlichen Rentenversicherungsbescheids nicht zutraut, kann auch einen registrierten Rentenberater mit der Prüfung beauftragen.

Wie hoch ist meine Rente?
Die Rentenhöhe hängt von der Beitragshöhe und -dauer ab. Dabei zählt nicht nur, wie lange jemand gearbeitet hat und wie viel er oder sie verdient hat. Auch Kindererziehungszeiten, Wehrdienst oder Bundesfreiwilligendienst werden berücksichtigt.

Komplexe Rechenaufgabe
Wie sich die Rente berechnet, ist laut DRV Bund „nicht auf eine simple Formel reduzierbar“. Die Rente ergibt sich nicht nur aus dem individuellen Lebenslauf, da auch verschiedene rentenrechtliche Zeiten und Rentenarten existieren. Über die aktuelle Rentenhöhe informiert der jährliche Rentenversicherungsbescheid (s.o.) oder der Rentenhöhenrechner der Rentenversicherung.

Faustregel für die Rentenhöhe
Eine häufig genannte Faustregel lautet: Um im Rentenalter den gewohnten Lebensstandard zu halten, sollten etwa 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens zur Verfügung stehen. Da dieser Wert mit der gesetzlichen Rente für die meisten kaum zu erreichen ist, ergibt sich eine Rentenlücke, warnt Thomas Mai von der Verbraucherzentrale Bremen. Um die Lücke zu schließen, müssen Arbeitnehmer bis zum Renteneintritt pro Jahr etwa 21 Prozent des Einkommens in die private Altersvorsorge investieren, hat die Fondsgesellschaft Fidelity International berechnet.

Ab wann in Rente?
Damit das Umlageverfahren der Rentenversicherung auch in Zukunft funktioniert, muss das Verhältnis von Rentnern und Beitragszahlern stimmen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – die Jüngeren werden weniger und die Älteren mehr – eine große Herausforderung. Ein Grund, warum die Regelaltersgrenze seit 2012 stufenweise angehoben wurde und inzwischen bei 67 Jahren liegt. Für die Jahrgänge ab 1964 gibt es die Rente also erst mit 67.

Minus bei der Rente
Wer früher in Rente gehen will, muss in der Regel Abschläge in Kauf nehmen. Für jeden früheren Monat beträgt das Minus bei der Rente 3,6 Prozent pro Jahr. Wer bis 67 Jahre arbeiten muss, (Jahrgang 1964 und jünger) muss mit Abschlägen in Höhe von 14,4 Prozent rechnen“, erläutert FOCUS-Online-Redakteur Thomas Müncher.
Gleichzeitig hat 2012 die Einführung der „Rente mit 63‘‘ die Rahmenbedingungen des Renteneintritts verändert. Wer auf eine 45-jährige Mindestversicherungszeit kommt, kann die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ in Anspruch nehmen. Der Jahrgang 1955 kann so beispielsweise mit 63 Jahren und sechs Monaten ohne Abschläge in Rente gehen, rechnet das Renten-Portal „ihre-vorsorge“ vor.
Wer als gesetzlich Rentenversicherter am Ende des Arbeitslebens eine Altersrente beziehen will, sollte dafür bis spätestens drei Monate vor dem gewünschten Renteneintritt einen Rentenantrag stellen, empfiehlt die Deutsche Rentenversicherung.

Große Renten-Reformen
Seit unter Konrad Adenauer 1957 das Umlagesystem aus der Taufe gehoben wurde, hat es immer wieder Rentenreformen gegeben. 1978 ist die Bundesrepublik bereits beim 21. Rentenanpassungsgesetz angekommen: Die Rentenerhöhung wird von den Bruttolöhnen abgekoppelt. In der Folge steigen 1979 die Renten nur um 4,5 Prozent. 1989 belastet die Wiedervereinigung und die Leistungsausweitungen der vergangenen Jahre die Rentenkasse schwer – eine größere Rentenreform wird beschlossen, aber erst 1992 umgesetzt: Die Renten werden nicht mehr entsprechend der Brutto-, sondern der Nettolohnentwicklung angehoben und die Altersgrenzen heraufgesetzt. 2002 folgt dann ein grundlegender Umbruch im deutschen Rentensystem: Die Riester-Rente als staatlich geförderte Möglichkeit der privaten Altersvorsorge wird eingeführt und das Leistungsniveau langfristig abgesenkt.

Renten-Ranking: Deutschland holt auf
Im weltweiten Renten-Vergleich hat sich Deutschland zuletzt verbessert. Das jährliche Renten-Ranking der Unternehmensberatung Mercer sah Deutschland 2020 im Vergleich von 39 Altersvorsorgesystemen in der Gesamtbewertung auf Rang 11. Der „CFA Institute Global Pension Index“ vergleicht Rentensysteme auf der ganzen Welt, hebt die Mängel hervor und schlägt Reformbereiche vor. A-Noten erreichten wie schon im Vorjahr Dänemark und die Niederlande. „Deutschland hat sich mit dem 11. Platz im Gesamtranking gegenüber dem Vorjahr leicht verbessert. Allerdings hat Deutschland bei Fragen nach der betrieblichen Altersversorgung und Formen kapitalgedeckter Zusatzversorgung noch erhebliches Aufholpotenzial“, so Rentenexperte Martin Hermann von CFA Germany.

Blick in die Renten-Zukunft
Die letzte Rentenreform wurde im Februar 2020 von Union und SPD beschlossen: Von dem Grundrenten-Kompromiss könnten ab diesem Jahr zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Menschen mit sehr niedrigen Renten profitieren. Bekommen sollen das Plus zur bestehenden Rente – laut DRV im Schnitt rund 75 Euro monatlich – alle, die auf mindestens 33 Jahre an sogenannten Grundrentenzeiten kommen. Ob ein Anspruch auf Grundrente besteht, wird von der Rentenversicherung automatisch geprüft.
Altersarmut betrifft Millionen Rentner in Deutschland schon heute – Tendenz steigend. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung ist die Gefahr groß, dass die Zahl der Bedürftigen zunimmt. Jeder fünfte Neurentner, der bis 2036 in Rente geht, wird von Altersarmut bedroht sein. Deutsche Frauen sind mit 46 Prozent von der OECD-weit größten Geschlechter-Rentenlücke betroffen, so die Untersuchung Renten auf einen Blick.
Experten raten deshalb allen Beschäftigten, sich nicht nur auf die gesetzliche Rente zu verlassen. Um die eigenen Altersbezüge aufzustocken, gibt es mehrere Möglichkeiten. Mehr dazu in unserem Vorsorge Bereich.

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