Bargeld ade?
Der 500er ist bald Geschichte und auch dem Kupfergeld geht’s EU-weit an den Kragen. Doch die Deutschen bleiben Bargeld-Fans – und gehen doch mit der Zeit: Online-Banking ist fast selbstverständlich und auch das digitale Bezahlen wird beliebter.

Wo selbst Straßenmusiker Kartenzahlungen akzeptieren
„When I look into your eyes, i see a love restrained...“ Der Straßenmusiker hängt sich richtig rein, um sein Publikum mit der Guns n‘ Roses-Ballade „November Rain“ zu begeistern. Die Zuhörer kramen prompt nach Bargeld, doch bei dir ist das Münzfach im Portemonnaie leider leer. Jetzt wäre es ganz praktisch, könnte man den schmetternden Straßenbarden mit EC- oder Kreditkarte für die Performance entlohnen. Schräge Idee? Nicht in Großbritannien: Die Straßensängerin Charlotte Campell, die auf Londons Straßen auftritt, hat sich als eine der ersten ein Kartenterminal zum bargeldlosen Bezahlen angeschafft. Andere „Busker“, so der englische Ausdruck für Straßenmusiker, zogen nach.
Auch in einigen britischen Kirchen wird die Kollekte statt im Klingelbeutel mittlerweile per Kartenlesegerät eingesammelt. Auf der Insel boomt das digitale Bezahlen: 2016 wurden nur noch 40 Prozent aller inländischen Zahlungen mit Bargeld abgewickelt. 2006 waren es 62 Prozent. Und bis 2026 sagt das britische Finanzministerium einen Rückgang der Bargeldzahlungen auf 21 Prozent voraus.

Echte Kryptowährung geplant
Vorreiter beim bargeldlosen Alltag ist jedoch Schweden: In dem Land, das 1661 als erstes in Europa Banknoten herausgab, hat Papier- und Hartgeld inzwischen Exotenstatus. Die Bargeld-Transaktionsquote liegt hier bereits unter der 20-Prozent-Marke. Neben Kreditkarten sind alternative Bezahlfunktionen wie Apps beliebt. So lässt sich mit der 2012 von sieben schwedischen Banken gegründeten App Swish sekundenschnell Geld überweisen. Dafür braucht man nur noch die Handynummer des Empfängers. Der neueste Plan der technikaffinen Skandinavier: In Schweden soll es in Zukunft offizielles Kryptogeld geben. Finanzexperten der Reichsbank basteln an einer „E-Krona“. Bis zum Einführungstermin des digitalen Geldes dürften aber noch einige Jahre vergehen.
Weitere Pioniere in Sachen elektronisches Bezahlen finden sich in Asien: In China nutzen 20 Prozent der Bevölkerung Apps, um Zahlungen zu tätigen und in Indien will die Regierung sogar das gesamte Bargeld aus dem Umlauf nehmen.

Immer flüssig: die Deutschen
Einmal den Dagobert Duck-Jump machen und in einem Berg von Münzen baden! Für die Deutschen scheint das eine verlockende Vorstellung zu sein. Denn hierzulande gilt immer noch der Spruch: „Bares ist Wahres“. Durchschnittlich 103 Euro Bargeld tragen Herr und Frau Mustermann mit sich herum, so eine Studie der Europäischen Zentralbank (EZB). Das ist Rekord in der Euro-Zone. Knapp dahinter liegen die Luxemburger mit 102 Euro an Geldscheinen und Münzen im Portemonnaie. Auf Platz drei folgen die Österreicher: Bei ihnen finden sich noch durchschnittlich 89 Euro im Geldbeutel. Laut der Umfrage, für die 65.000 Menschen in den 19 Euro-Ländern befragt wurden, legen die Portugiesen am wenigsten Wert darauf, Bargeld mit sich herum zu tragen: Sie hatten durchschnittlich nur 29 Euro im Portemonnaie.

„No“ zum Klimpergeld
Die Deutschen hängen an den Euro-Münzen und -Scheinen – laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Splendid Research lehnen knapp 60 Prozent der Befragten eine komplette Abschaffung des Bargelds ab. Geht es allerdings um die 1- und 2-Cent Münzen, die den Geldbeutel anschwellen lassen oder sich in Hosentaschen sammeln (um dann später in leeren Einmachgläsern oder Sparschweinen gehortet zu werden), wäre der Trennungsschmerz nicht groß: 58 Prozent würden eine Abschaffung der Kleinstmünzen befürworten. Auch hier sind andere Länder weiter: In mittlerweile fünf EU-Ländern wurde die Ausgabe der 1- und 2-Cent-Münzen eingestellt. Zuletzt sagte Italien am 1. Januar 2018 „no“ zum Klimpergeld. Dort wird nun auf den nächsten Fünf-Cent-Betrag ab- oder aufgerundet. Obwohl die Mini-Münzen mit hohen Herstellungskosten zu Buche schlagen, gibt es in Deutschland seitens des Bundesfinanzmisteriums „derzeit keine Überlegungen zur Abschaffung der Kleinmünzen (…)“, so die Reaktion aus dem Ministerium auf den Beschluss aus Italien.

Schwarzes Schaf im lila Gewand
Neben den Mini-Münzen sind auch die ganz großen Scheine in deutschen Portemonnaies wenig beliebt. In einer 2016 durchgeführten Umfrage gaben 45 Prozent der Befragten an, eine Abschaffung des 500-Euro-Scheins „sehr gut“ beziehungsweise „gut“ zu finden. Schon seit Mai 2014 wird der 160 x 82 Millimeter große Schein nicht mehr produziert und im Mai 2016 hat die Europäische Zentralbank (EZB) beschlossen, dass der 500er durch kleinere Banknoten ersetzt wird. Ende 2018 soll es dann soweit sein. Die Ausgabe des lilafarbenen Scheins, den Bauwerke des 20. Jahrhunderts zieren, wird eingestellt. Die meisten EU-Bürger dürfte diese Nachricht kalt lassen – 56 Prozent haben den größten Euro-Schein noch nie in der Hand gehalten. Die Banknote umwehte stets der Ruch des Verbotenen: Als Grund für die Abschaffung werden dunkle Geschäfte wie Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit und Terrorfinanzierung genannt – illegale Aktivitäten, die sich durch die Abschaffung des größten Euro-Scheins eindämmen ließen, so die EZB. Wer noch einen Koffer mit 500-Euro-Scheinen unterm Bett verstaut hat, muss sich keine Sorgen machen. Die im Umlauf befindlichen 500er bleiben gesetzliches Zahlungsmittel und sollen unbegrenzt umtauschbar sein.

Ist mein Geld sicher?
Münzen als Zahlungsmittel wurden ungefähr 650 v. Chr. in Kleinasien, einer Region der heutigen Türkei, eingeführt. Seitdem gilt: Ist Geld im Spiel, geht es um Sicherheit. Bargeld kann geraubt, Banknoten und Münzen gefälscht, Geldautomaten können manipuliert oder gesprengt werden. Und wie sicher ist das digitale Bezahlen? Bei kontaktlosen Zahlungen arbeiten beispielsweise im Hintergrund fortschrittliche Anti-Betrugssysteme, die erkennen sollen, wenn eine Karte missbräuchlich benutzt wird. Trotz hoher Sicherheitsstandards gilt aber: Der Nutzer muss wachsam sein. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) rät beim Bezahlen im Internet unter anderem dazu, auf eine sichere Internetverbindung zu achten – das erkennt man daran, dass im Browser statt http:// dann htpps:// angezeigt wird. Beim mobilen Bezahlen sollte man laut BSI bei der Nutzung immer auch auf die Hinweise der Diensteanbieter achten und die Mobilfunkabrechnung jeden Monat intensiv auf falsche Abbuchungen überprüfen.

Shoppen ohne Portemonnaie
Die U-Bahn-Fahrt kontaktlos bezahlen, den Einkauf per Handy begleichen und die Rechnung digital erhalten, später mit einem Klick Geld auf einem Tagesgeldkonto in Irland anlegen: So könnte digitales Bezahlen in Zukunft in Europa aussehen. Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten und verändert – langsam aber sicher – auch das Finanzgebaren im Land der Bargeld-Fans: Online Banking ist besonders für die jüngeren Bundesbürger inzwischen eine Selbstverständlichkeit. „Auch mobiles Banking mit dem Smartphone, die Nutzung von Banking-Apps und die online Kreditvergabe wird immer beliebter“, schreibt Bitkom in einem Positionspapier. Und obwohl mittlerweile drei Viertel der Deutschen online einkaufen und besonders Jüngere dabei dann gerne digitale Zahlungsweisen nutzen, besteht „weiter Bedarf nach einer effizienten und flächendeckenden Bargeldversorgung“, meint der Bankenverband – zum Beispiel durch die Möglichkeit, Bargeld an der Supermarktkasse abzuheben oder mit Hilfe einer App einzuzahlen.
Übrigens: Falls du davon träumst, einmal wie die reichste Ente der Welt ein Bad in Münzen zu nehmen – das geht leider nur im Comic: Die Dichte von Münzen ist viel höher als die eines Menschen und in einem Becken würden die goldenen, silbernen und kupferfarbenen Taler zudem eine unbewegliche Masse bilden. Autsch!

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